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Auswilderung eines Pflege-Igels im Frühjahr

Wenn Ihr Pflege-Igel aus dem Winterschlaf erwacht und im warmen Pflegeraum wieder auf das spätherbstliche Einschlafgewicht hochgefüttert ist, ist es an der Zeit, ihn wieder in die Freiheit zu entlassen.

Foto: © Gertraude Göpner

Man wildert Igel im Frühjahr aus, wenn Bäume, Büsche und Bodenbewuchs voll ergrünt sind. Das ist in Niedersachsen z.B. meist zwischen Mitte April und Mitte Mai der Fall. Die Beutetiere der Igel brauchen einen gewissen zeitlichen Vorlauf, um sich zu entwickeln. Igel sollten erst dann auf die Jagd gehen müssen, wenn Käfer, Larven, Spinnen etc. in ausreichender Anzahl wieder unterwegs sind. Wie so eine Auswilderung abläuft und worauf sich Igelfreunde dabei einstellen müssen, hat Igelexpertin Gertraude Göpner vom aktion tier Igelzentrum Niedersachsen zusammengefasst.

Ort und Umfeld der Auswilderung

Als Auswilderungsstelle eignen sich vor allem igelfreundliche Gärten. Wenn man den Garten naturbelassen bewirtschaftet, Laubhaufen, vielleicht einen Steinhaufen oder eine direkt über dem Boden beginnende, breite Hecke im Garten hat, oder dem Igel ein mit trockenem Laub gefülltes Holzhaus neben einer vorübergehenden Futter- und dauerhaften Wasserstelle zur Verfügung stellt, bleibt er in der Regel im Garten und nimmt diese Angebote an. Als naturnahes Nest eignen sich zum Beispiel ein mit Stroh oder Blättern gefülltes Holz-Igelhaus oder eine Stein-Igelhöhle. Zusätzliche Laubhaufen sind im Frühjahr nicht vonnöten, da Igel sich in der warmen Jahreszeit gern an verschiedenen Stellen leichte Nester aus Gras, Moos oder in bodendeckender Vegetation bauen.

Es ist nicht unbedingt notwendig, einen Jungigel erst in einem Freigehege an das Leben in der Natur zu gewöhnen, wenn der Garten naturnah ist und eine Futterstelle beschickt wird, so dass man davon ausgehen kann, dass der Igel eine Zeitlang oder dauerhaft im Garten bleibt. Ein der Vorbereitung auf das Leben in Freiheit dienendes Gehege müsste mindestens 10 qm groß sein, Gebüsch und verschiedenen Bodenbewuchs enthalten. Der Zaun dürfte nicht zum Klettern animieren (Verletzungsgefahr für den Igel!), und es müsste Vorsorge getroffen werden, dass der Igel sich nicht unter dem Zaun durchgraben kann. Wenn es Greifvögel, Füchse, Marder, Waschbären, Eulen und Katzen in der Gegend gibt, sollte ein Gehege auch von oben abgedeckt sein, damit keine Tiere eindringen können, die entweder den Igel oder zumindest sein Futter fressen.

Der richtige Zeitpunkt

Ein Igel wird in der späten Abenddämmerung ausgewildert. Bis dahin wird er in dem Auswilderungskarton gelassen, in dem Sie ihn von uns im aktion tier Igelzentrum bekommen haben, und an einem kühlen, ruhigen Ort abgestellt (Treppenhaus, Windfang, Garage, Keller).

In der späten Abenddämmerung bringen Sie den Igel dann mitsamt dem Auswilderungskarton — oder, wenn Sie ihn selbst überwintert haben, in seinem Schlafhaus — an eine geschützte Stelle, an der Sie künftig die Futterstelle einrichten wollen. Bei einem Auswilderungskarton können Sie einfach den Klebestreifen von dem eingeschnittenen Tor entfernen, das schon vorgeschnittene Tor aufklappen und es dem Igel selbst überlassen, wann er sich in die Freiheit wagt (30 Sekunden bis 3 Stunden, alles ist möglich).

Das Schlafhaus müssen Sie bitte am nächsten Tag wegnehmen bzw. das Papphaus wegwerfen, der Igel geht i. d.R. nicht wieder hinein und soll dies auch nicht.

Fütterung und Betreuung

Pro Igel 200 g Katzendosenfutter mit 2 bis 3 El. Igeltrockenfutter (z.B. von Vitakraft, lose erhältlich in einschlägigen Tierfuttergeschäften) oder weichen Haferflocken und 1 Tl. Speiseöl zu einem zähen Brei verrühren. Gefüllten Futter- und Wassernapf an eine geschützte Stelle mit Deckung im Garten und/oder vor das vorbereitete Nest oder den Laubhaufen stellen.

  • Futterreste morgens wegwerfen, Futterstelle von Hinterlassenschaften reinigen.
  • Abends bei Einbruch der Dämmerung neues Futter hinstellen, auch wenn der Igel die ersten Nächte nicht kommt, weil er seinen Freiheitsrausch auslebt. Nach ein paar Nächten hat er so richtig Hunger und erinnert sich an die Futterstelle.
  • Wasserstelle allmählich in Richtung einer sicher vorhandenen Vogeltränke verschieben, bis man den Igelwassernapf weglassen kann.
  • Tiertränke täglich abends säubern und mit frischem Wasser füllen: Vogelmilben und Salmonellen schaden dem Igel.
  • Futterstelle spätabends kontrollieren: Kommen noch weitere Igel, sollte man die Futtermenge erhöhen, denn die haben es ebenfalls nötig.
  • Kommen Katzen, sollte man eine Futterkiste drüberstellen, z. B. eine Apfelsinen- oder Plastikkiste, in die man ein oder zwei 10 x 10 cm große Igeltore sägt. Eine Anleitung finden Sie hier. Igel gehen hemmungslos in eine solche Box hinein, Katzen, Füchse, Waschbären, Elstern und Krähen (morgens nach dem Hellwerden) bleiben draußen. Mit draufgetackerter Plastikfolie hat man auch auf einer Apfelsinenkiste gleich einen Regenschutz! Stein auf die Futterkiste legen oder seitlich fixieren, damit sie nicht umgeworfen oder herumgeschoben wird. Auch einen alten Wäschekorb kann man zum Futterhaus umfunktionieren.
  • Kommen Ratten, bitte nur füttern, wenn man in der Nähe ist und sie verscheuchen kann. Futternapf wegnehmen, wenn man selbst zu Bett geht. Ratten bringen manche Nachbarn dazu, Rattengift auszulegen, das unter Umständen die ganze Igelpopulation ausrottet. Dann geht der Schuss mit der Futterstelle nach hinten los…
  • Findet sich grüner, schmieriger Igelkot um die Futterstelle herum, diese verlegen und versuchen, den „Verursacher“ ausfindig zu machen und zu fangen, um ihn ins Igelzentrum zu bringen. Denn hier ist eine medizinische Behandlung nötig, auch sollte der Igel nicht seine Artgenossen anstecken.

Sinnvolle Zeiträume der Zufütterung

Man sollte nach dem Auswildern ca. 14 Tage lang die Futterstelle jeden Abend beschicken. Ab Mitte Mai ist in normal feuchten Sommern das natürliche Nahrungsangebot für Igel ohne Futterstelle ausreichend. Frisches Wasser sollte man aber, nicht nur für Igel, bis zum nächsten Winter durchgängig anbieten. Es macht Sinn, ab Anfang September wieder anzufangen zu füttern, damit die im Spätsommer geborenen Jungigel und die vom Säugen ausgezehrten Weibchen nicht untergewichtig in den Winterschlaf gehen müssen bzw. im November menschliche Hilfe brauchen.

Und außerdem…

…lässt sich Unheil vermindern, wenn Sie Ihre Nachbarn über die Auswilderung informieren, damit Gefahrenquellen in den Gärten nach Möglichkeit beseitigt werden (Obstnetze, Mausefallen, Tellersensen, Rasentrimmer mit Nylonfaden). Sorgen Sie für Löcher in Ihren Zäunen, damit kein Igel in den Maschen eines Maschendrahtzaunes stecken bleibt. Gartenteiche, Kellerfensterschächte und Kelleraußentreppen sollten mit Ausstiegshilfen versehen und Müllsäcke erhöht oder erst morgens abgestellt werden.

Gertraude Göpner